das Magazin vom Vogelnetzwerk


Ausgabe 3
März 2002
 

 
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Haltung und Zucht von Cardueliden
geschrieben von Danny

Zur Familie der Cardueliden gehören insgesamt 135 Arten, darunter die Stieglitze, Zeisige, Hänflinge, Grünfinken, Girlitze (einschließlich der Kanarienvögel), Gimpel, Kreuzschnäbel und Kernbeißer. Sie sind entfernt mit den Fringilliden (Fringillidae; drei Arten: Buch-, Berg- und Teydefink)verwandt. Wichtige Unterschiede sind zum Beispiel der fehlende Kropf beim Buchfinken und die Fortbewegungsart: Fringilliden hüpfen nicht wie die Cardueliden, sondern schreiten und nicken dabei mit dem Kopf - fast wie ein Huhn!

Die Cardueliden ernähren sich fast ausschließlich von pflanzlicher Nahrung, vor allem von Sämereien verschiedener Kräuter und Bäume. Während der Brutzeit wird aber auch tierische Nahrung nicht verschmäht. Die Weibchen bauen - ohne männliche Hilfe - ein offenes, napfförmiges Nest in Bäumen, Sträuchern oder Büschen, manche Arten nisten auch auf dem Boden. Es werden drei bis sechs (meist vier) weiße, hellblaue oder hellgrüne Eier mit meist
dunkelroten Flecken gelegt.

Die Cardueliden leben außerhalb der Brutzeit meist in großen Schwärmen, oft mit anderen Carduelidenarten zusammen. Während der Brutzeit trennen sie sich vom Schwarm und leben als Paar. Bei der Futter- und Wassersuche tun sich manchmal mehrere Paare zusammen, um sich danach wieder zu trennen und in ihr Revier zurück zu kehren. Manche Carduelidenarten brüten in "lockerer Kolonie", in der die Nester fünf bis zehn Meter voneinander entfernt sind. Nach der Brutzeit sammeln sich die Carduelidenfamilien und ziehen in andere Gebiete, in denen der Tisch wieder reich gedeckt ist.

Mein erster Carduelide war ein Kapuzenzeisig (Spinus, syn. Carduelis, cucullatus). Im November 1988 habe ich ihn in einem Kaufhaus gesehen und sehr bewundert. Ich überlegte nicht allzu lange und habe ihn zwei Tage später gekauft. Ich setzte ihn in einen großen Holzkäfig mit 1,0 Orangebäckchen (Estrilda melpoda), 0,1 Gelbbauchastrilden (Neisna, syn. Estrilda, melanotis) und 1,0 Goldbrüstchen (Sporaeginthus, syn. Amandava, subflavus). Am Anfang waren die Prachtfinken sehr unruhig, während der Kapuzenzeisig sofort zutraulich, neugierig und putzmunter war. In den nächsten zwei Tagen wurden die Prachtfinken dann etwas ruhiger. Erstaunlicherweise war ein Gelbbauchastrild sehr mutig und verfolgte den Kapuzenzeisig! Der Kapuzenzeisig gab sich aber sehr friedlich und liebeswürdig.

Kapuzenzeisig

Kapuzenzeisig

 

m November 1990 beschloß ich, einheimische Cardueliden (Waldvögel) anzuschaffen und habe Vogelfachzeitschriften auf Inserate hin durchsucht. Ich fand 1,1 Fichtenkreuzschnäbel (Loxia curvirostra), 1,0 Stieglitze (Carduelis carduelis), 1,0 Birkenzeisige (Acanthis, syn. Carduelis, flammea) und 1,0 Erlenzeisige (Spinus, syn. Carduelis, spinus).

Mein erster einheimischer Carduelide war ein Birkenzeisig. Sehr munter flog er aus seinem Versandkasten in den kleinen Käfig zum Eingewöhnen. Nach zwei Tagen setzte ich ihn in eine kleine Zimmervoliere mit je einem Kapuzenzeisig, Orangebäckchen und Gelbbauchastrild um. Am Anfang war der Kapuzenzeisig sehr aggressiv und stritt mit dem Birkenzeisig herum. Die beiden Prachtfinken waren ruhig. Nach ein paar Tagen hatte der Kapuzenzeisig jedoch seine Aggressivität verloren und es ging friedlich zu. Bald kamen noch zwei Fichtenkreuzschnäbel, ein Stieglitz und ein Erlenzeisig hinzu. Ich setzte sie nach zwei Eingewöhnungstagen in die Zimmervoliere um, und alle acht Vögel waren friedlich und ruhig.

Ich überlegte, ob ich die Exoten aufgeben sollte, um mehr Platz zu haben und das Zimmer kühler halten zu können. Das tat ich auch und baute zwei große Zimmervolieren zusammen.

Hänfling

Hänfling

Alle Arten fühlten sich dort sofort sehr wohl. Im Februar 1991 bekam ich noch je 0,1 Stieglitz, Birken- und Erlenzeisig von einem Zuchtfreund. Ich setzte dann diese drei Weibchen in die Voliere, und alle vertrugen sich gut. Im Januar 1992 bekam ich noch eine Carduelidenart, zwei Hänflinge (Linaria, syn. Carduelis bzw. Acanthis, cannabina).

Ende Mai 1991 legte ein Erlenzeisig zwei Eier in verschiedene Futternäpfe und wollte dort fest brüten. Leider musste ich diese beide Eier entfernen, weil ich schon vier große Zuchtboxen für meine Cardueliden vorbereitet hatte. Am 1.6.1991 habe ich alle acht Cardueliden in je eine Box pro Paar aus der Zimmervoliere umgesetzt.

Alle haben sich sofort wohl gefühlt. Leider bauten sie trotzdem keine Nester. Die Ursache hierfür war, dass es im Juni viel zu spät zum Brüten ist. Nach einiger Zeit war mein Fichtenkreuzschnabelmännchen überraschenderweise sehr brutlustig. Aber sein Weibchen war leider krank. Sie starb im Januar 1992 an Aspergillose. Danach bekam ich einen neuen Kreuzschnabel. Die beiden harmonierten nicht, vermutlich war der Neue ein Männchen, da er einige orangerote Federn hatte. Im Mai 1992 habe ich diese beiden Kreuzschnäbel gegen vier Stieglitze und vier Hänflinge von einem Zuchtfreund eingetauscht, auch weil sie die anderen Arten sehr gestresst haben.

Fichtenkreuzschnabel

Fichtenkreuzschnabel

 

Im Winter 1992/93 habe ich täglich bis 20.00 Uhr das Licht in der Voliere brennen lassen. Im Zimmer war es kühl, um 14°C. Ich habe im Februar 1993 selber eine große Zimmervoliere gebaut. Ende März verteilte ich meine Cardueliden auf beide Volieren. Alle fühlten sich sehr wohl, schritten leider trotzdem nicht zur Brut. Ich vermutete, dass das Licht im Winter zu lang brannte und wollte es im Winter 1993/94 mit kürzeren Lichtperioden versuchen und ließ es nur bis ungefähr 16.00 Uhr brennen. Im Frühling 1994 kam es dann zur Brutstimmung....

Im April 1994 bauten ein Erlenzeisig- und dann ein Birkenzeisigweibchen Nester, in denen bald auch Eier lagen. Meine Freude war sehr groß. Ich war sehr gespannt, ob Junge schlüpfen würden. Nach zwei Wochen war es soweit! Beide Eltern fütterten eifrig. Ich habe diese Jungen im Nest beobachtet und mich wieder sehr gefreut. Nach ca. zwei Wochen sind die jungen Erlen- und Birkenzeisige ausgeflogen.

Mein Stieglitzweibchen baute im April 1994 sein erstes Nest, in dem schon bald Eier lagen. Leider verließ es nach einer Woche das Nest, weil es mit einem Erlenzeisig gestritten hatte, der ihm zu nahe gekommen war. Es versuchte noch zwei weitere Bruten, aber diese waren leider erfolglos. Das andere Stieglitzweibchen brütete im Juni 1994 sehr fest im Nest, aber die Eier waren leider unfruchtbar.

Mein Hänfling baute erst im Mai 1994 ein Nest. Leider musste ich enttäuscht feststellen, daß meine Hänflinge nicht drei Paare waren, sondern fünf Männchen und ein Weibchen! Ich habe bestimmt, welches Männchen sehr gut mit dem Weibchen harmonierte, dann fing ich die anderen Hänflinge aus der Voliere heraus.

Nun waren ein Paar Hänflinge allein mit Stieglitzen, Birken- und Erlenzeisigen.

Das Hänflingweibchen hat nochmals ein Nest gebaut und vier Eier gelegt! Sie brütete ca. zwei Wochen lang, dann schlüpfte leider nur ein Junges. Die drei anderen Eier waren nicht befruchtet. Die Hänflingseltern haben ohne Probleme das Küken aufgezogen. Das Küken war mit vier Wochen selbstständig, darüber habe ich mich sehr gefreut, da ich mir manche Sorgen gemacht hatte!

 

Ich habe im Jahr 1994 wie im Jahr 1995 Hänflinge, Birken- und Erlenzeisige sehr erfolgreich gezüchtet. Im April 1995 hat das Stieglitzweibchen wieder einen Nest gebaut und zwei Eier gelegt, dann brütete es fest. Nach ca. zwei Wochen schlüpften zwei junge Stieglitze. Die Stieglitzeltern haben sie problemlos großgezogen. Diese Küken waren auch mit vier Wochen selbstständig. Meine Freude war wieder sehr groß!

 

Stieglizt, Erlen- und Birkenzeisig

Stieglitz, Erlen- und Birkenzeisig

 

Die Haltung von Cardueliden ist leicht. Die Voliere sollte mit Naturästen und einer Kieferhecke ausgestattet sein. Für die Zucht ist es besonders wichtig, die Räume im Winter bei kurzem Tageslicht kühl zu halten, sonst kommen die Vögel nicht in Brutstimmung. Für die Zucht bietet man verschiedene Nistmaterialien wie Kokosfasern, Sisalfasern (nicht länger als zehn Zentimeter), Scharpie, Flachsfasern (die meine Cardueliden besonders gern nehmen), Gräser, Wurzeln und dünne Zweige an und als Nistgelegenheit Sabel'sche Nistklötzen, Waldvogelnester, Drahtnester mit Nesteinlage, offene Peddigrohrnester, Kaisernester, oder Holzkaisernester, die alle mit künstlichen oder natürlichen Zweigen wie Koniferenzweigen oder Thuja ausgekleidet werden. Die meisten Carduelidenarten sind friedlich und brauchen pro Paar pro Art eine Grundfläche von etwa 1,5 Quadratmetern.

Cardueliden bekommen gutes Waldvogelfutter. Es besteht aus Salatsamen, Negersaat, Zichoriensamen, Sommerrübsen, Mohnsamen, Perillas, Nachtkerzensamen, Kanariensaat, Leinsamen, Fichtensamen, geschältem Hafer, wenigen kleinen Sonnenblumenkernen und wenigen Hanfsamen.

Als Grünfutter kann Chicoree (als Aufzuchtsfutter geeignet!), Vogelmiere, Hirtentäschelkraut, Löwenzahn (alle Carduelidenarten haben ihn sehr gern), Vergissmeinnicht, Kreuzkraut, Kleiner Ampfer, Sauerampfer (Hänflinge und Birkenzeisige lieben ihn besonders, auch als Aufzuchtfutter!), Gänsedisteln, Kratzdisteln (sie lieben Stieglitze und Erlenzeisige besonders), Knäuelgras, Kamille, Nachtkerze, Beifuß, Gänsefuß, Birkenkätzchen etc.

Kreuzschnäbel, Birkenzeisige, Haken- und Karmingimpel sowie die meisten asiatischen Gimpelarten und der amerikanische Karmingimpel (Haus-, Purpur- und Cassingimpel) verlieren nach der Mauser ohne Rotfärbungsmittel das schöne rote Gefieder und färben sich stattdessen ocker- oder goldgelb. Man verabreicht diesen Cardueliden Canthaxanthin, dann bekommen sie nach der Mauser ein sehr schön rotes Gefieder.

Ich habe es mit Canthaxanthin und Carotin auch bei meinen Hänflingsmännchen versucht, aber es bleibt erfolglos, weil sie in Gefangenschaft nicht den roten Scheitel und Brust wie in der freien Natur zeigen. Nur im Frühling und Sommer zeigen sie im Brutkleid den schönen roten Schmuck. Bei Hänflingen verschwinden nach der Mauser die roten Federn des Brust- und Kopfgefieders weitgehend. Man kann kaum noch eine rote Brust erkennen. Hänflingsmännchen sind jedoch auch so sehr schön!

Alle europäischenn Carduelidenarten sind besonders geschützt und meldepflichtig. Jeder Carduelide benötigt eine Ausnahmegenehmigung und muss mit einem Pflichtring nach BNA-Gesetzen beringt werden. Die Pflichtringe sind geschlossen oder offen mit Sollbruchstelle. Jeder europäische Carduelide muss bei den Naturschutzbehörden an- und abgemeldet werden.


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