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Haltung und Zucht von
Cardueliden
geschrieben von Danny
Zur Familie der Cardueliden gehören insgesamt 135 Arten, darunter
die Stieglitze, Zeisige, Hänflinge, Grünfinken, Girlitze
(einschließlich der Kanarienvögel), Gimpel, Kreuzschnäbel
und Kernbeißer. Sie sind entfernt mit den Fringilliden (Fringillidae;
drei Arten: Buch-, Berg- und Teydefink)verwandt. Wichtige Unterschiede
sind zum Beispiel der fehlende Kropf beim Buchfinken und die Fortbewegungsart:
Fringilliden hüpfen nicht wie die Cardueliden, sondern schreiten
und nicken dabei mit dem Kopf - fast wie ein Huhn!
Die Cardueliden ernähren sich fast ausschließlich von
pflanzlicher Nahrung, vor allem von Sämereien verschiedener
Kräuter und Bäume. Während der Brutzeit wird aber
auch tierische Nahrung nicht verschmäht. Die Weibchen bauen
- ohne männliche Hilfe - ein offenes, napfförmiges Nest
in Bäumen, Sträuchern oder Büschen, manche Arten
nisten auch auf dem Boden. Es werden drei bis sechs (meist vier)
weiße, hellblaue oder hellgrüne Eier mit meist
dunkelroten Flecken gelegt.
Die Cardueliden leben außerhalb der Brutzeit meist in großen
Schwärmen, oft mit anderen Carduelidenarten zusammen. Während
der Brutzeit trennen sie sich vom Schwarm und leben als Paar. Bei
der Futter- und Wassersuche tun sich manchmal mehrere Paare zusammen,
um sich danach wieder zu trennen und in ihr Revier zurück zu
kehren. Manche Carduelidenarten brüten in "lockerer Kolonie",
in der die Nester fünf bis zehn Meter voneinander entfernt
sind. Nach der Brutzeit sammeln sich die Carduelidenfamilien und
ziehen in andere Gebiete, in denen der Tisch wieder reich gedeckt
ist.
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Mein erster Carduelide war ein Kapuzenzeisig (Spinus, syn. Carduelis,
cucullatus). Im November 1988 habe ich ihn in einem Kaufhaus gesehen
und sehr bewundert. Ich überlegte nicht allzu lange und habe
ihn zwei Tage später gekauft. Ich setzte ihn in einen großen
Holzkäfig mit 1,0 Orangebäckchen (Estrilda melpoda), 0,1
Gelbbauchastrilden (Neisna, syn. Estrilda, melanotis) und 1,0 Goldbrüstchen
(Sporaeginthus, syn. Amandava, subflavus). Am Anfang waren die Prachtfinken
sehr unruhig, während der Kapuzenzeisig sofort zutraulich, neugierig
und putzmunter war. In den nächsten zwei Tagen wurden die Prachtfinken
dann etwas ruhiger. Erstaunlicherweise war ein Gelbbauchastrild sehr
mutig und verfolgte den Kapuzenzeisig! Der Kapuzenzeisig gab sich
aber sehr friedlich und liebeswürdig. |
Kapuzenzeisig
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m November 1990 beschloß ich, einheimische Cardueliden (Waldvögel)
anzuschaffen und habe Vogelfachzeitschriften auf Inserate hin durchsucht.
Ich fand 1,1 Fichtenkreuzschnäbel (Loxia curvirostra), 1,0
Stieglitze (Carduelis carduelis), 1,0 Birkenzeisige (Acanthis, syn.
Carduelis, flammea) und 1,0 Erlenzeisige (Spinus, syn. Carduelis,
spinus).
Mein erster einheimischer Carduelide war ein Birkenzeisig. Sehr
munter flog er aus seinem Versandkasten in den kleinen Käfig
zum Eingewöhnen. Nach zwei Tagen setzte ich ihn in eine kleine
Zimmervoliere mit je einem Kapuzenzeisig, Orangebäckchen und
Gelbbauchastrild um. Am Anfang war der Kapuzenzeisig sehr aggressiv
und stritt mit dem Birkenzeisig herum. Die beiden Prachtfinken waren
ruhig. Nach ein paar Tagen hatte der Kapuzenzeisig jedoch seine
Aggressivität verloren und es ging friedlich zu. Bald kamen
noch zwei Fichtenkreuzschnäbel, ein Stieglitz und ein Erlenzeisig
hinzu. Ich setzte sie nach zwei Eingewöhnungstagen in die Zimmervoliere
um, und alle acht Vögel waren friedlich und ruhig.
Ich überlegte, ob ich die Exoten aufgeben sollte, um mehr
Platz zu haben und das Zimmer kühler halten zu können.
Das tat ich auch und baute zwei große Zimmervolieren zusammen.
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Hänfling
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Alle Arten fühlten sich dort sofort sehr wohl. Im Februar
1991 bekam ich noch je 0,1 Stieglitz, Birken- und Erlenzeisig von
einem Zuchtfreund. Ich setzte dann diese drei Weibchen in die Voliere,
und alle vertrugen sich gut. Im Januar 1992 bekam ich noch eine
Carduelidenart, zwei Hänflinge (Linaria, syn. Carduelis bzw.
Acanthis, cannabina).
Ende Mai 1991 legte ein Erlenzeisig zwei Eier in verschiedene Futternäpfe
und wollte dort fest brüten. Leider musste ich diese beide
Eier entfernen, weil ich schon vier große Zuchtboxen für
meine Cardueliden vorbereitet hatte. Am 1.6.1991 habe ich alle acht
Cardueliden in je eine Box pro Paar aus der Zimmervoliere umgesetzt.
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Alle haben sich sofort wohl gefühlt. Leider bauten sie trotzdem
keine Nester. Die Ursache hierfür war, dass es im Juni viel
zu spät zum Brüten ist. Nach einiger Zeit war mein Fichtenkreuzschnabelmännchen
überraschenderweise sehr brutlustig. Aber sein Weibchen war
leider krank. Sie starb im Januar 1992 an Aspergillose. Danach bekam
ich einen neuen Kreuzschnabel. Die beiden harmonierten nicht, vermutlich
war der Neue ein Männchen, da er einige orangerote Federn hatte.
Im Mai 1992 habe ich diese beiden Kreuzschnäbel gegen vier
Stieglitze und vier Hänflinge von einem Zuchtfreund eingetauscht,
auch weil sie die anderen Arten sehr gestresst haben.
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Fichtenkreuzschnabel
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Im Winter 1992/93 habe ich täglich bis 20.00 Uhr das Licht
in der Voliere brennen lassen. Im Zimmer war es kühl, um 14°C.
Ich habe im Februar 1993 selber eine große Zimmervoliere gebaut.
Ende März verteilte ich meine Cardueliden auf beide Volieren.
Alle fühlten sich sehr wohl, schritten leider trotzdem nicht
zur Brut. Ich vermutete, dass das Licht im Winter zu lang brannte
und wollte es im Winter 1993/94 mit kürzeren Lichtperioden
versuchen und ließ es nur bis ungefähr 16.00 Uhr brennen.
Im Frühling 1994 kam es dann zur Brutstimmung....
Im April 1994 bauten ein Erlenzeisig- und dann ein Birkenzeisigweibchen
Nester, in denen bald auch Eier lagen. Meine Freude war sehr groß.
Ich war sehr gespannt, ob Junge schlüpfen würden. Nach
zwei Wochen war es soweit! Beide Eltern fütterten eifrig. Ich
habe diese Jungen im Nest beobachtet und mich wieder sehr gefreut.
Nach ca. zwei Wochen sind die jungen Erlen- und Birkenzeisige ausgeflogen.
Mein Stieglitzweibchen baute im April 1994 sein erstes Nest, in
dem schon bald Eier lagen. Leider verließ es nach einer Woche
das Nest, weil es mit einem Erlenzeisig gestritten hatte, der ihm
zu nahe gekommen war. Es versuchte noch zwei weitere Bruten, aber
diese waren leider erfolglos. Das andere Stieglitzweibchen brütete
im Juni 1994 sehr fest im Nest, aber die Eier waren leider unfruchtbar.
Mein Hänfling baute erst im Mai 1994 ein Nest. Leider musste
ich enttäuscht feststellen, daß meine Hänflinge
nicht drei Paare waren, sondern fünf Männchen und ein
Weibchen! Ich habe bestimmt, welches Männchen sehr gut mit
dem Weibchen harmonierte, dann fing ich die anderen Hänflinge
aus der Voliere heraus.
Nun waren ein Paar Hänflinge allein mit Stieglitzen, Birken-
und Erlenzeisigen.
Das Hänflingweibchen hat nochmals ein Nest gebaut und vier
Eier gelegt! Sie brütete ca. zwei Wochen lang, dann schlüpfte
leider nur ein Junges. Die drei anderen Eier waren nicht befruchtet.
Die Hänflingseltern haben ohne Probleme das Küken aufgezogen.
Das Küken war mit vier Wochen selbstständig, darüber
habe ich mich sehr gefreut, da ich mir manche Sorgen gemacht hatte!
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Ich habe im Jahr 1994 wie im Jahr 1995 Hänflinge, Birken-
und Erlenzeisige sehr erfolgreich gezüchtet. Im April 1995
hat das Stieglitzweibchen wieder einen Nest gebaut und zwei Eier
gelegt, dann brütete es fest. Nach ca. zwei Wochen schlüpften
zwei junge Stieglitze. Die Stieglitzeltern haben sie problemlos
großgezogen. Diese Küken waren auch mit vier Wochen selbstständig.
Meine Freude war wieder sehr groß!
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Stieglitz, Erlen- und Birkenzeisig
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Die Haltung von Cardueliden ist leicht. Die Voliere sollte mit
Naturästen und einer Kieferhecke ausgestattet sein. Für
die Zucht ist es besonders wichtig, die Räume im Winter bei
kurzem Tageslicht kühl zu halten, sonst kommen die Vögel
nicht in Brutstimmung. Für die Zucht bietet man verschiedene
Nistmaterialien wie Kokosfasern, Sisalfasern (nicht länger
als zehn Zentimeter), Scharpie, Flachsfasern (die meine Cardueliden
besonders gern nehmen), Gräser, Wurzeln und dünne Zweige
an und als Nistgelegenheit Sabel'sche Nistklötzen, Waldvogelnester,
Drahtnester mit Nesteinlage, offene Peddigrohrnester, Kaisernester,
oder Holzkaisernester, die alle mit künstlichen oder natürlichen
Zweigen wie Koniferenzweigen oder Thuja ausgekleidet werden. Die
meisten Carduelidenarten sind friedlich und brauchen pro Paar pro
Art eine Grundfläche von etwa 1,5 Quadratmetern.
Cardueliden bekommen gutes Waldvogelfutter. Es besteht aus Salatsamen,
Negersaat, Zichoriensamen, Sommerrübsen, Mohnsamen, Perillas,
Nachtkerzensamen, Kanariensaat, Leinsamen, Fichtensamen, geschältem
Hafer, wenigen kleinen Sonnenblumenkernen und wenigen Hanfsamen.
Als Grünfutter kann Chicoree (als Aufzuchtsfutter geeignet!),
Vogelmiere, Hirtentäschelkraut, Löwenzahn (alle Carduelidenarten
haben ihn sehr gern), Vergissmeinnicht, Kreuzkraut, Kleiner Ampfer,
Sauerampfer (Hänflinge und Birkenzeisige lieben ihn besonders,
auch als Aufzuchtfutter!), Gänsedisteln, Kratzdisteln (sie
lieben Stieglitze und Erlenzeisige besonders), Knäuelgras,
Kamille, Nachtkerze, Beifuß, Gänsefuß, Birkenkätzchen
etc.
Kreuzschnäbel, Birkenzeisige, Haken- und Karmingimpel sowie
die meisten asiatischen Gimpelarten und der amerikanische Karmingimpel
(Haus-, Purpur- und Cassingimpel) verlieren nach der Mauser ohne
Rotfärbungsmittel das schöne rote Gefieder und färben
sich stattdessen ocker- oder goldgelb. Man verabreicht diesen Cardueliden
Canthaxanthin, dann bekommen sie nach der Mauser ein sehr schön
rotes Gefieder.
Ich habe es mit Canthaxanthin und Carotin auch bei meinen Hänflingsmännchen
versucht, aber es bleibt erfolglos, weil sie in Gefangenschaft nicht
den roten Scheitel und Brust wie in der freien Natur zeigen. Nur
im Frühling und Sommer zeigen sie im Brutkleid den schönen
roten Schmuck. Bei Hänflingen verschwinden nach der Mauser
die roten Federn des Brust- und Kopfgefieders weitgehend. Man kann
kaum noch eine rote Brust erkennen. Hänflingsmännchen
sind jedoch auch so sehr schön!
Alle europäischenn Carduelidenarten sind besonders geschützt
und meldepflichtig. Jeder Carduelide benötigt eine Ausnahmegenehmigung
und muss mit einem Pflichtring nach BNA-Gesetzen beringt werden.
Die Pflichtringe sind geschlossen oder offen mit Sollbruchstelle.
Jeder europäische Carduelide muss bei den Naturschutzbehörden
an- und abgemeldet werden.
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