das Magazin vom Vogelnetzwerk


Ausgabe 1
November 2001
 

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Kiwi & Co.
von Taro

Bis Neuseeland ist es eine lange Reise.
Als wir nach rund 35 Stunden aus dem Flugzeug wankten,
waren uns erst einmal sämtliche Vögel herzlich egal.
Aber das gab sich rasch.

Nach einem langen Tiefschlaf konnten wir uns richtig darüber freuen, in Neuseeland zu sein - am "schönsten Ende der Welt", wie es in den Reiseprospekten heißt. Die Werbung verspricht nicht zu viel: Neuseeland hat wilde, einsame Küsten, verzauberte Urwälder voller Baumfarne und Moos, sanfte Hügelland-schaften und eindrucks-volle Berge. Und alles ist relativ menschenleer:

Rund 3,8 Millionen Neusee-länder leben auf Nord- und Südinsel, die zusammen etwa so groß sind wie die alte Bundesrepublik. Die Menschen haben Platz, und das prägt. Ruhig und gelassen geht es hier zu, man ist freundlich und hilfsbereit.

Sehenswert, wenn auch ein wenig abseits der üblichen Touristenwege, ist das "Mount Bruce Wildlife Centre". Besucher können auf einem Waldpfad an den Volieren verschiedenster einheimischer Vögel vorbei laufen. In einem Nachthaus können mit ein wenig Glück Kiwis beim Stochern nach Nahrung beobachtet werden; wie ein Wollknäuel mit langem Schnabel und kräftigen Füßen sehen sie aus

Erstaunlicherweise können Kiwis richtig giftig zueinander sein; plötzlich rannten zwei von ihnen in Windeseile aufeinander zu, fauchten sich an und hackten mit den Schnäbeln aufeinander ein. Das sah zwar ziemlich gefährlich aus, reicht aber leider nicht, um sich gegen die von den Menschen nach Neuseeland eingeführten Räuber zu verteidigen.

Ursprünglich gab es auf Neuseeland mit Ausnahme einer kleinen Fleder-mausart keine Säugetiere. Zwar waren durchaus Raubvögel vorhanden, die Gefährdung für die anderen Arten war jedoch so gering, dass sich deren Flugfähigkeit stark verminderte oder sogar ganz verlor - der Kiwi besitzt unter seinem fellähnlichen Federkleid nur noch stummelartige Flügelansätze.

Mit der Ankunft der Menschen und damit auch von Ratten, Mäusen, Katzen, Hunden, Schafen und Ziegen änderte sich die Lage für die einheimischen Vogelarten dramatisch. Den neuen Räubern konnten sie kaum noch entgehen, und das Brüten auf dem Boden war auch keine sehr gute Methode mehr. Entsprechend starben einige Arten aus, andere sind vom Aussterben bedroht oder gehen wie der Kiwi zahlenmäßig langsam, aber stetig zurück.

In Mount Bruce laufen zahlreiche Nachzuchtprogramme; erfolgreich lässt sich das Kaka-Auswilderungsprojekt an. "Wir bieten den ausgewil-derten Kakas noch eine Weile zu festen Zeiten etwas Futter an; so können sie sich langsam an ihr neues Leben gewöhnen, und wir können kontrollie-ren, ob es ihnen wirklich gut geht", erklärte der Leiter des Projekts uns paar Besuchern, die wir im strömenden Regen der Kakas harrten, die da kommen sollten.

Kaka (Foto: © Berit Ley)

Kea (Foto: © Marie)

Und sie kamen. Ungefähr fünf rauschten heran. Nicht umsonst gelten die Kakas als die Clowns der Wälder, so wie ihre nahen Verwandten, die Keas, als Clowns der Berge. Sie kapriolten mit dem Futter herum, nahmen Kameras und Ferngläser in Augen-schein und zausten "ihrem" Projektleiter zärtlich die Haare, bevor sie nach etwa einer Viertelstunde laut kreischend im nahen Wald verschwanden. Wir waren alle pitschnass und durchgefroren aber glücklich.

Die Überfahrt mit der Fähre von der Nord- auf die Südinsel ist bei ent-sprechendem Wetter atemberaubend schön. Die letzte Teilstrecke führt durch die Marlborough Sounds, eine einsame und wilde Schären- und Inselland-schaft. Gleich dem Hafen gegenüber hat "Dolphin Watch" von Zoe und Les Battersby ein kleines Büro. Mit dem freundlichen und kundigen älteren Ehepaar kann man fast täglich auf eine Bootstour durch die Sounds gehen. Mit etwas Glück sieht man Robben und Delphine, manchmal kommen sogar Orcas in die Buchten. Höhepunkt der Ausflugsfahrt ist das Anlegen auf einer kleinen Insel weit draußen. Motuara Island ist ein Beispiel für effektiven Artenschutz, wie er in Neuseeland oft betrieben wird: Vorgelagerte Inseln werden von sämtlichen Säugetieren befreit und gefährdete Vogelarten auf ihnen ausgesetzt; auf Motuara ist es unter anderem das kleine South Island Robin.

Außer der neuseeländischen Naturschutzbehörde, dem DoC, dürfen nur Zoe und Les auf Motuara anlegen die Gefahr, Ratten oder Mäuse einzuschleppen, wäre sonst zu groß. Das Wasser um die kleine Insel ist glasklar; wir sind ein kleiner Trupp von sechs Besuchern, der sich auf den kurzen, aber steilen Anstieg zur höchsten Erhebung auf der Insel macht.

Unterwegs kratzt Zoe mit einem Stock den Boden auf; sofort kommt ein kleiner Vogel angehopst. "Hi there, little Robin", lächelt Zoe. Sie erklärt uns, dass die Robins wie alle neuseeländischen Vögel nicht besonders gut fliegen können und deshalb ihr Futter, Würmer und Kerbtiere, aus dem Boden klauben. Die Kleinen wissen genau, dass Zoe jeden Tag mit einem Stock vorbei kommt und ihnen ein wenig Wühlarbeit abnimmt. Und sie wissen auch genau, dass ihnen niemand ein Leid antut die Zutraulichkeit der zarten, blauweißen Vögelchen ist faszinierend.

Fast noch faszinierender ist es, als Zoe uns das Nest eines Blauen Zwerg-pinguins (Little Blue Penguin) zeigt; diese Art nistet relativ hoch oben im Wald. Für die Elternvögel bedeutet die Kraxelei zu ihren Jun-gen eine ganz schöne Anstrengung, dafür sind die Kleinen hier auch sicher vor Möwen und anderen Räubern. "Ganz langsam bewegen, dann könnt ihr alle nacheinander mal einen Blick hinein werfen die kennen das schon." Die Jungen kennen das in der Tat; als ich mich vorsichtig hinunterbeuge um die drei hellgrauen Flaumkugeln anzusehen, hebt nur eine von ihnen den Kopf, blinzelt träge und schläft weiter.

Die Otago Peninsula nahe der Stadt Dunedin ist ein weiteres Highlight für Naturliebhaber. Hier kann man eine Vielzahl von Meeressäugern und Seevögeln beobachten; Hauptattraktionen sind aber die einzige Festland-brutkolonie von Königsalbatrossen (Royal Albatross) und ein Reservat für Gelbaugenpinguine (Yellow Eyed Penguin), die es nur in Neuseeland gibt.

Mit einem Boot geht es zunächst hinaus bis an die Spitze der Halbinsel. Es wimmelt nur so von Kormo-ranen, Tölpeln und Möwen, und wir nähern uns langsam der Albatross-Kolonie.

"Heute ist es nicht sehr windig; ich glaube nicht, dass wir einen Albatros fliegen sehen werden, sie brauchen doch ziemlich viel Auftrieb", meint Cathy, unsere Tour-Leiterin. Plötzlich zeigt sie aufgeregt nach oben: "Da ist doch einer! Seht mal!"

Über uns schwebt majestätisch ein großer Albatros dann setzt er zur Landung an, und vorbei ist es mit aller Grazie. Wie ein nasser Sack plumpst er aufs Gras, schüttelt den Kopf und watschelt zu seinem Jungen, das auf einem Nest aus Erde thront.

Zurück nach Dunedin geht es mit dem Kleinbus am Gelbaugenpinguin-Reservat vorbei. Ein Farmer hat vor einigen Jahren eine seiner Buchten samt Dünen zur Schutzzone gemacht, als ein paar Pinguine sich entschlossen, hier zu brüten; Besucher werden durch ein System von Beobachtungsgräben geführt. Bei unserem Besuch waren die Jungvögel etwa zwei Monate alt. Wir kommen ganz leise natürlich bis auf fünf Meter an die Vögel heran und können auch die Kleinen gut erkennen.

Neuseeland bietet viele solcher faszinierender, sanfter Naturtourismus-Erlebnisse. Es ist eine lange Reise bis dorthin. Aber sie lohnt sich.

Weitere Informationen über die neuseeländische Vogelwelt finden Sie im Internet:

    Unter www.nzbirds.com gibt es eine ausgezeichnete Übersicht über sämtliche neuseeländischen Vogelarten mit Abbildungen und hervorragende, auch internationale Links;

    www.kakapo.net, eine Seite über den Kakapo, den vom Aussterben bedrohten Eulenpapagei, gibt es auch auf deutsch




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