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Zur Gruppenhaltung von Graupapageien
- Überlegungen und Erfahrungen -

von Rüdiger Stehn

Rahmenbedingungen der Gruppenhaltung

Zwei wichtige Bedingungen, die das Haltungssystem für eine Gruppenhaltung erfüllen sollte, sind bereits genannt worden: Erstens die Möglichkeit, Paare während der Balz und Brut separat unterzubringen. Zweitens die ausreichende Größe und die Ausstattung der Voliere oder des Vogelzimmers.

- Volieren- oder Raumgröße
Wohl eines der zentralsten Probleme der Gruppen- und der Papageienhaltung allgemein ist der für die Papageien zur Verfügung stehende Raum. Auch bei der Gruppenhaltung gilt natürlich: Je größer, umso besser. Im konkreten Fall hilft diese Aussage aber wenig.

Mindestmaße liefert das Gutachten zu den Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien: Hier wird für ein Paar Graupapageien eine minimale Volierengröße von 2m Länge, 1m Breite und 1m Höhe, d.h. Grundfläche 2m², Rauminhalt 2m³, vorgeschlagen. Für jedes weitere Paar soll die Grundfläche um 50% vergrößert werden: Also 3m² für vier Vögel, 4,5m² für sechs Vögel bei entsprechendem Rauminhalt von 3m³ bzw. 4,5m³. Dabei ist ein Freiflug der Tiere nicht zwingend erforderlich.

Mir erscheinen diese Größen für die Gruppenhaltung nicht ausreichend, da sie zu wenig Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten bieten, besonders, wenn aggressivere Individuen der Gruppe angehören sollten.

Zwar haben meine vier Grauen in einer kleinen Außenvoliere auch bei 2m Höhe nur 2m² zur Verfügung, doch verbringen sie dort nur vergleichsweise wenige Stunden am Tag und sind auch eine sehr harmonische Gruppe, in der es wenig Stresssituationen und Auseinandersetzungen gibt.
Ansonsten bewohnen die vier - zusammen mit sechs weiteren kleineren Papageien - ein ca. 20m² großes Zimmer bei 40m³ Rauminhalt (2m Höhe).

Bei anderen Gruppenhaltungen wurden 10 bis 12 Vögel auf 25m² bei über 60m³ Rauminhalt untergebracht. Die Höhe der Voliere ist da ein wesentlicher Faktor, um genügend Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen. Mir erscheint dies bei der Anzahl der Vögel gerade noch angemessenen.

- Ausstattung
Vielleicht muss auf die Ausstattung, die Gestaltung der Voliere oder des Vogelzimmers im Sinne einer Strukturierung bei der Gruppenhaltung noch mehr wert gelegt werden als bei einer paarweisen Haltung. Durch eine Strukturierung der Voliere können viele Konfliktsituationen entschärft oder sogar vermieden werden.

Zunächst ist wichtig, einen ausreichenden Flugraum für die Vögel möglichst im oberen Drittel der Voliere bzw. des Zimmers freizuhalten. Ausreichend heißt, dass hier auch zwei oder mehr Vögel Raum zum Fliegen haben.

Es sollte mehrere Kletter- und Landemöglichkeiten geben, die es den Vögeln auch ermöglichen, einzeln zu sitzen. Möglichst hoch und dabei in gleicher Höhe angebrachte Äste können verhindern, dass es Auseinandersetzungen um begehrte Sitz- und Schlafplätze gibt.

Futterplätze sollten zumindest am Anfang der Gruppenhaltung stets mehrere vorhanden sein, nach Möglichkeit auch möglichst weit voneinander entfernt, damit subdominante Tiere in Ruhe fressen können. Eine Anbringung in unterschiedlichen Höhen und auch ein Fressplatz am Boden empfehlen sich für die erste Zeit.

Die Schaffung von Versteckmöglichkeiten ist gerade in kleineren Volieren oder Zimmern oft ein Problem. Leider bieten sich bei Graupapageien Grünpflanzen nicht zu diesem Zweck an. Trennwände als Sichtschutz, von der Decke herabhängend, sind eine Alternative: Diese können z.B. aus Kork bestehen, auch wenn man sie dann öfters auswechseln muss, oder - haltbarer - aus miteinander verbundene Ästen und Zweigen. Einem ähnlichen Zweck kann ein dichtes Ast- und Zweiggewirr dienen.

Bei einer Außenvoliere fungiert auch der Schutzraum als eine Versteckmöglichkeit.

 

Vogelzimmer

 

- Einsetzen
Handelt es sich um eine geplante Gruppenhaltung, so sollte auf ein ausgewogenes Geschlechter-verhältnis geachtet werden.

Im Allgemeinen empfiehlt es sich, alle Vögel gleichzeitig in die Voliere oder das Vogelzimmer einzusetzen. Dann haben sich noch keine Revieransprüche einzelner Tiere gebildet, für alle Vögel ist die Situation gleich ungewohnt und neu.

Oftmals ist solch ein Vorgehen nicht möglich, weil zu den vorhandenen Tieren weitere hinzukommen. Eine Möglichkeit ist dann, die Voliere oder das Vogelzimmer völlig neu zu gestalten, um so Revieransprüche möglichst aufzuheben.

Auch dies ist oft nur in Grenzen machbar, da sich irgendwann eine optimale Gestaltung und Strukturierung entwickelt hat und eine Neugestaltung stets auch eine Verschlechterung beinhaltet. In solchen Fällen muss man sich mit Kleinigkeiten wie neuen Ästen am Kletterbaum zufrieden geben.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, den vorhandenen Vogelbestand wenigstens für einige Stunden aus dem Zimmer oder die Voliere zu nehmen und den Neuzugang einzusetzen, so dass er die Möglichkeit hat, sich zu orientieren. Dann kann man einzeln die Papageien wieder zurücksetzen. Besteht eine erkennbare Rangordnung bei den Vögeln, beginnt man mit den rang-niedrigeren Tieren und setzt den ranghöchsten Vogel zuletzt ein.

- Hygiene
Bei der Gruppenhaltung steigt die Gefahr, dass es zu einer Ansteckung von einem Vogel auf den anderen kommt. Die Hygiene ist deshalb sehr wichtig. Mir scheint dies aber eigentlich kein besonderes Problem oder gar ein Nachteil der Gruppenhaltung zu sein, gehört dies doch zu den Selbstverständlichkeiten der Papageienhaltung

 

Vor- und Nachteile der Gruppenhaltung für den Halter

Standen bisher die Vor- und Nachteile der Gruppenhaltung für die Graupapageien im Vordergrund und sind die für den Halter nur am Rande erwähnt worden, so sollen zum Abschluss diese noch einmal gesondert Erwähnung finden:

- Platzersparnis
Gruppenhaltung braucht ausreichend Platz, kann aber dennoch weniger Raum in Anspruch nehmen als die Haltung der gleichen Anzahl von Vögeln in getrennten Volieren.

- Zeitersparnis
Ich habe den Eindruck, dass der Zeitaufwand zur Betreuung und Pflege geringer ist als bei der gleichen Anzahl von Vögeln in paarweiser Unterbringung in Volieren.
Mein Erfahrung ist, dass die Pflege und Reinigung einzelner Volieren meist mehr Zeit in Anspruch nimmt als die einer großen Voliere oder eines Vogelzimmers. Möglicherweise sehen aber andere dies anders oder sogar einen höheren Zeitaufwand als Nachteil der Gruppenhaltung.

- Vertiefen der Kenntnisse
Noch viel wesentlicher aber ist, dass man durch die Beobachtung der Vögel in Gruppenhaltung einen tieferen und differenzierteren Einblick in das Verhalten seiner Vögel hat.

Kenntnisse über Verhaltensweisen und Eigenschaften, die man bei der Beobachtung von einen oder zwei Vögeln gewonnen hat, werden relativiert. Von einem Paar kann man bereits eine Menge lernen, von einer Gruppe aber noch viel mehr.

Graupapageien-Gruppe

- Steigerung des ästhetisches Empfindens
Schließlich: Es bringt einfach Spaß, Vögel in der Gruppe zu beobachten, die meist noch viel lebendiger und lebhafter sind. Es macht einfach Freude, nicht nur ein oder zwei, sondern drei, vier oder acht Graupapageien bei ihrem täglichen Tun zu sehen.
Und nur die wenigsten von uns werden die Gelegenheit haben, Graupapageien in ihrer Heimat zu beobachten:

 

"Bis etwa 10:00 Uhr flogen die Vögel zu Hunderten auf den Boden, vermutlich um salzhaltige Erde und Pflanzen aufzunehmen. Ich hatte den Eindruck, dass zum am Boden weilenden Schwarm immer wieder Gruppen hinzuflogen. Andererseits lösten sich auch Tiere vom Boden, um auf den nahen Bäumen zuoberst zu landen. So zog sich das Spektakel in die Länge, wobei vermutlich aus der Ferne immer wieder neue Vögel auftauchten, bis etwa 600 Graupapageien in einem Schwarm flogen!"
(Lars Lepperhoff, a.a.O.)

 
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Literaturangaben:

Arndt, Thomas: Papageien - ihr Leben in Freiheit, Horst Müller Verlag Walsrode 1986
De Grahl, Wolfgang: Der Graupapagei, Eugen Ulmer Verlag Stuttgart 1991
Immelmann, Klaus u.a.: Einführung in die Verhaltensforschung, Blackwell Wissenschafts-Verlag Berlin-Wien 1996
Luft, Stefan: Der Graupapagei. Lebensweise, artgerechte Haltung und Zucht, Naturbuch Verlag Augsburg 1994
Lantermann, Werner: Großpapageien. Wesen, Verhalten, Bedürfnisse, Franckh-Kosmos Stuttgart 1990
Lantermann, Werner: Handbuch Papageien. Artgemäße und artenschutzorientierte Haltung, Pflege und Aufzucht, Naturbuch Verlag Augsburg 1994
Lantermann, Werner: Verhaltensstörungen bei Papageien, Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1998
Lantermann, Werner: Papageienkunde, Parey Buchverlag Berlin 1999
Lantermann, Werner: Graupapageien. Artgemäße Haltung, Pflege und Zucht Oertel + Spörer 2000
Lepperhoff , Lars: Wo Graupapageien fliegen, WP-Magazin Nr.5, September/Oktober 2003
Robiller, Franz: Handbuch der Vogelpflege - Papageien Band 2, Eugen Ulmer Verlag Stuttgart 1997
Schratter, Dagmar, Graupapageien Eugen Ulmer Verlag Stuttgart 2001
Papageien, Arndt Verlag
WP-Magazin, Arndt-Verlag
Gefiederte Welt, Eugen Ulmer Verlag

 

 


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