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Das große Bangen...
von Gerfila Mycke
Abends, 22 Uhr, in Bornich.
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Die Haustürklingel ertönte - um diese Zeit? Hmm
ist bestimmt unsere Nachbarin, die von der Arbeit nach Hause kommt
und etwas möchte. Wir öffneten die Tür und tatsächlich
war dort unsere Nachbarin mit einem Karton, in dem es raschelte. Ich musste
grinsen, als die Frau in der Motorradkluft die Treppe hinaufstieg. Sie öffnete
den Karton und wir könnten zwei kleine, braune, verwuselte Federbällchen
sehen. "Bei dem einen musst ihr mal nachschauen, sein Bein ist sicher
gebrochen - ein Kollege hatte ihn im Gras nicht gesehen - sein drittes Brüderchen
wurde tot aufgefunden." Man konnte gut erkennen, dass einer der jungen
Stare sein Bein weit von sich streckte. |
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Während mein Vater beide untersuchte, bereitete ich schon einmal
einiges vor - die Kleinen hatten nämlich mindestens 5h nichts
mehr zu fressen bekommen; schnell bereitete ich das Futter vor,
weichte Beoperlen auf, füllte eine Pipette mit Wasser und holte
Ungezieferspray, um die Jungen zu besprühen. Die Kleinen wollten
zunächst gar nichts von der Pampe, die ich Futter nannte, wissen
- es half also nichts, sie wurden zwangsgefüttert, d.h.: der
Schnabel wird ganz vorsichtig geöffnet und das Futter mit Hilfe
eines Futterstäbchens über die Zunge in den Rachen geschoben.
Danach kamen die Kleinen in ein Körbchen, welches mit Tüchern
und Zewa-Papier ausgepolstert wurde - und wurden dann in einen ruhigen,
dunklen Raum getragen.
Am nächsten Morgen stand ich natürlich früh auf der Matte,
rührte Futter an und "versuchte" um eine Zwangsfütterung
herumzukommen, was mir leider misslang. - aber die Kleinen müssen
ja fressen, also wurde wieder "sanfte Gewalt" angewendet. Letztendlich
kamen sie doch auf den Geschmack und wurden sogar richtig gierig :-)
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Kurz darauf kam unsere Nachbarin und holte die Vögel ab, um
mit ihnen zum Tierarzt zu fahren. Leider konnte ich nicht mit, und
da ich nicht ruhig warten konnte, wann sie wiederkommt, veröffentlichte
ich im Vogelforum schon mal die ersten Bilder von "Star"
und "Sternchen". Dann der Schock, als unsere Nachbarin zurückkam:
Unser TA kann nichts machen, der Bruch sei so unglücklich, da
könne man auch nichts verbinden!
Hmmm
ein Anruf
bei einer anderen Tierärztin, die sich mit Vögeln besser
auskennt, brachte mir zwar durch das Telefon nicht viel, jedoch gab
sie mir Mut, dass es doch wieder heilen könnte - nur wie ?!?
Falsch zusammen-gewachsen und dann ein Krüppel ?!? |
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Beide Tiere waren noch zu jung, um auf eigenen Beinen
zu stehen, geschweige denn zu laufen, und "Sternchens" erste
Fortbewegungsversuche sahen so kläglich aus, dass einem die Tränen
in die Augen schießen könnten: sich mit dem gesunden Bein
abstoßend rutschte er von einer Ecke zur anderen, was mich zu
einer neuen Idee brachte: Ich stütze mit beiden Händen gerade
so, dass es nicht umfiel; um sich fortzubewegen, musste er lernen
mit dem gesunden Fuß zu hüpfen. Zwischenzeitlich hat "Star"
das Stehen gelernt, nun wird's Zeit, sich mal auf den Baum zu begeben:
wackel
wackel
kippel
flatter
na ja, irgendwann
klappte dies dann auch. |
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Bald versuchte ich das dann auch mit Sternchen, denn wenn sein Beinchen,
welches ich für Gehversuche selbst verbunden und gestützt hatte,
wirklich nicht mehr richtig zusammenwachsen sollte, so musste der Kleine
trotz allem lernen, mit einem Bein zu stehen, gehen und sich festzuhalten.
Kläglich hing der Arme flatternd am Ast - meine Hände hielt
ich schützend unter ihn, bis er eine seitlich schiefe Position fand,
in welcher er sich zumindest im Gleichgewicht halten konnte. Das verletzte
Bein hing dabei meist starr und steif herunter.
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Später folgten weitere "Bodenübungen" und siehe da:
ohne meine stützenden Hände konnte er sich hüpfenderweise
fortbewegen; er hatte gelernt, sich erst auf den Flügel zu stützen
später diente der Flügel dann nicht mehr als Stütze,
sondern er nutzte ihn zur Gewichtsverlagerung. Auch das Sitzen auf dem
Ast war nun weniger schief.
Nun ging es folgenderweise weiter: ich setzte nun auch das gebrochene
Bein auf den Sitzast, da er jedoch nie "gegriffen" hatte,
rutschte es immer wieder ab. Ich setzte es dann so, dass die Kralle
am Ast hängen blieb und er doch recht manierlich sitzend konnte:
fast perfekt, gerade
nur wusste ich, dass es früher oder später wieder abrutschen
würde.
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Doch eines Tages - ich war so geplättet - bewegte er das Gelenk,
setze den Fuß selbst auf den Ast und griff ganz leicht zu
- auch als ich das Bein wieder runter nahm, setzte es vorsichtig
wieder hoch
ich war soooo glücklich, ich hatte Freudentränen
in den Augen.
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Ich sage Euch, liebe Vogeleltern:
GEBT NIEMALS AUF !!!
Eure Gerfila Mycke
Aka Bluey
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