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Der Katharinasittich (Bolborhynchus lineola)
von Sigrid März |
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An dieser Stelle möchte ich ein wenig von den grünen Juwelen erzählen, den Katharinasittichen, welche in ihrer Heimat Süd- und Mittelamerika auch "Flying Emeralds", also "Fliegende Smaragde" genannt werden.
Der Katharinasittich in seiner Ursprungsform und -farbe ist etwa 16 cm groß und im Großen und Ganzen grün. Damit gehört er zu den eher kleinen und unauffälligeren Vertretern der Papageien. Wer jedoch einmal seinem Charme erlegen ist, wird verstehen, warum ich mich diesem "Mikropapageien" verschrieben habe. Sein ausgeprägtes Sozialverhalten im Schwarm, seine immense Neugierde auch dem Menschen gegenüber, die vielfältige Sprache mit all seinen Lauten und Tönen - und natürlich seine riesigen mit einer dunkelbraunen Iris versehenen Augen, die einen immer abwartend anstarren, das alles macht den kleinen Gesellen zu einem wirklich interessanten Vogel und liebenswerten Mitbewohner.
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Alles kann ich gar nicht erzählen, dies würde viele Seiten füllen. Daher werde ich in dieser und vielleicht auch noch in den nächsten Ausgabe(n) des "Pirol" ein paar Facetten des wunderbaren Wesens "Katharinasittich" aufgreifen und beleuchten.
Zunächst aber einmal ein paar allgemeine Informationen: Die Nominatform des Katharinasittichs (B. l. lineola) stammt aus Mittelamerika (Südmexiko bis Westpanama), die Unterart B. l. tigrinus, welche insgesamt ein wenig dunkler ist, ist eher südlicher anzutreffen (West-Kolumbien, in den Anden-Regionen Nord-West-Venezuelas, Nord-West-Ecuador und Zentral-Peru). In Gefangenschaft ist eine Unterscheidung dieser beiden Unterarten kaum mehr möglich, so dass der hier anzutreffende Katharinasittich manchmal sogar schon als Bolborhynchus lineola domestica bezeichnet wird. Dies aber nur am Rande.
Der wissenschaftliche Name des Katharinasittichs verrät schon so einiges über seinem äußerlichen Erscheinungsbild. Bolborhynchus bedeutet soviel wie "Knollenschnabel", bezeichnend für die Gattung der Dickschnabelsittiche. Lineola heißt "kleine Linie" und bezieht sich auf die feine schwarze Gefiederzeichnung des Sittichs, welche sich am ganzen Körper ausgenommen der hellgrünen Unterseite, Stirn und Kehle wiederfindet. Die smaragdgrüne Oberseite weist manchmal einen leicht bläulichen Schimmer auf, besonders an den Handschwingen und im Kopfbereich. Der Schwanzbereich ist dunkelgrün bis leicht olivfarben. Der Flügelbug ist schwarz und wird, wie auch die beiden mittleren Steuerfedern, oft zur Geschlechtsbestimmung des Katharinasittichs herangezogen (dazu schreibe ich aber lieber einen eigenen Artikel ;-) ).
Aufgrund seines grünen Gefieders ist der Katharinasittich perfekt an das Leben in den Bäumen angepasst, wo er zwischen den Blättern gut getarnt ist und mithilfe der Gefiederzeichnung das Spiel von Licht und Schatten imitiert.
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Katharinasittiche fressen als Vögel der Regenwälder Süd- und Mittelamerikas gerne und viel Frischkost in Form von Gemüse und Obst. Neotropische Papageien sollten daher nach Möglichkeit mit einem hohen Anteil an frischen Früchten ernährt werden. Meine Katharinasittiche z.B. bekommen neben diversen Saatmischungen (Großsittichfutter, Wellensittichfutter, Waldvogelmischung, Gras- und Wildsamenmischung, ...) jeden Tag frisches Obst und Gemüse.
Dabei fällt auf, dass Katharinasittiche verschiedene Vorlieben für die eine oder andere Obstsorte aufweisen. Unter den Obstsorten ist jedoch der Apfel der unbestrittene Favorit. Meine Katharinasittiche fressen aber auch Nashis gerne, ebenso wie Weintrauben, Birnen, Kaki-Früchte, Granatapfel, Melone und Kirschen. Andere Obstsorten werden auch gefressen, aber nicht mit solcher Hingabe. Beim Gemüse stehen Karotten recht weit oben in der Rangliste, dicht gefolgt von Chicoree, Paprika und Mais. Tendenziell lässt sich sagen: Je süßer und matschiger, umso besser.
Des Weiteren wird angeboten, was die Natur so hergibt. Neben Ästen von Laubbäumen (z.B. Apfel, Weide, Buche, Hasel, ...) und auch Nadelbäumen (meist Fichte), welche ausgiebig benagt werden und somit dem Vogelorganismus wichtige Nährstoffe und Spurenelemente zuführen, stehen auch Gräser und Wildkräuter auf dem Speiseplan: Löwenzahn, Vogelmiere, Hirtentäschel, ... . Umfangreiche Zusammenfassungen zum Thema "Essbares aus der Natur" gibt es im Pirol-Archiv, z.B. über Vogelfutterpflanzen oder auch Bäume.
Frischkost wird gerne angenommen.
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Kleine Obststücke oder auch Kerne, Samenstände und Grashalme werden mit dem Fuß gegriffen und verspeist.
Katharinasittiche hampeln gerne im Geäst, entlauben dabei in kürzester Zeit große Äste und benagen die Rinde. |
Die meisten Katharinasittiche lieben Kolbenhirse, wobei dort kein Unterschied zwischen roter oder gelber gemacht wird. Bei Kolbenhirse vergaß bereits so mancher Katharinasittich, dass er dem "Ungetüm Mensch" doch sehr nahe gekommen war. Auch die scheusten Exemplare meines kleinen Schwarms nahmen bereits nach kurzer Zeit portionierte Kolbenhirse aus der Hand. Sicherlich geht das einfacher, wenn die anderen Katharinasittiche eine Art Vorbildfunktion übernehmen. Und dass dies der Fall ist, erlebe ich immer wieder, wenn schon beim Geräusch der Hirsetüte der erste Katharinasittich am Ärmel zupft.
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Ein reichhaltiges Angebot an Obst und Gemüse überzeugt meist nach kurzer Zeit auch den stursten Frischkostverweigerer ... |
... aber für Hirse wird alles stehen und liegen gelassen.
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Das obige Bild zeigt noch eine weitere Eigenschaft des Katharinasittichs - seine Zutraulichkeit. Mit ein wenig Geduld und Ausdauer (man muss eben nur einen größeren Dickkopf haben als der Katharinasittich ;-) ) ist es keine Kunst, Katharinasittiche auch im Schwarm handzahm zu bekommen. Ein hervorragendes Hilfsmittel für derartige Bemühungen ist natürlich die Kolbenhirse. |
Dennoch sollte man nicht den Fehler machen, die niedrige Fluchtdistanz des Katharinasittichs mit Zutraulichkeit gleichzusetzen. Auch beim Katharinasittich will das Vertrauen wohlverdient sein. Nach einer angemessenen Eingewöhnungszeit, die von Tier zu Tier unterschiedlich ist, wird der Katharinasittich den ersten Schritt machen und von sich aus auf seinen Pfleger zugehen. Denn schließlich sind Katharinasittiche wie die meisten "Südamerikaner" sehr neugierig, und alles will untersucht werden.
Dann kann man sich den Tieren ruhig nähern, ohne dass diese in ihre Angststarre fallen. Dabei sollte man die Vögel aber stets gut beobachten, denn eine Panikattacke kündigt sich meist nur wenige Sekunden vorher an, sie dann noch zu verhindern, erfordert Fingerspitzengefühl. Ist die Fluchtdistanz des Katharinasittichs einmal unterschritten (diese ist bei jedem Tier unterschiedlich), flüchtet er kopflos und ohne jegliche Orientierung. Dies kann unter Umständen zu bösen Verletzungen führen. Auch bei Katharinasittichen, die ihre Umgebung und die dazugehörigen Menschen gut kennen, treten solche Panikattacken hin und wieder auf.
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Spätestens, wenn die Katharinasittiche sich an Ihrem Bücherregal zu schaffen machen (wie hier eines meiner Paare bei der jährlichen Brutplatzsuche), wissen Sie, dass das Eis zwischen Ihnen und den Vögeln gebrochen ist.
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Die Unterbringung der Katharinasittiche sollte reichlich Platz zum Klettern und Fliegen bereitstellen. Gegen das manchmal zu schnelle Wachstum der Krallen helfen Naturäste unterschiedlicher Dicke (mindestens 3 cm Durchmesser). Als Waldbewohner mögen es Katharinasittiche auch mal dunkler, so dass bei Dauerbeleuchtung gewährleistet werden muss, dass die Vögel sich in schattige Ecken zurückziehen können. Besonders gut eignen sich hier Schlafhäuser, die nicht nur nachts sondern auch tagsüber zum Dösen und Schlafen einladen. Hat man ein gegengeschlechtliches Paar, jedoch keinerlei Zuchtambitionen, empfiehlt es sich, Schlafhäuser ohne Boden anzubieten (stattdessen eine oder zwei Stangen einziehen), denn geschlossene Kästen werden nur allzu gern mit reichlich Eiern bestückt.
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Katharinasittiche brauchen Rückzugsmöglichkeiten, z.B. in Form von Schlafhäusern. |
Beim Duschen werden die abenteuerlichsten Positionen gewählt, wie etwa das Kopfüber-Hängen am Ast.
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Ein Großteil der Katharinasittiche duscht für sein Leben gerne. Auch Vögel, welche noch nie zuvor Wasser (außerhalb des Trinkgefäßes) gesehen haben, reihen sich früher oder später in den Reigen der Wasser"ratten" ein. Mit Hingabe wird das Gefieder weit abgestellt, die Flügel werden abgespreizt, es wird sich gedreht und gewendet, damit auch wirklich jeder Millimeter des Körpers nass wird. Dabei hängen sich einige Katharinasittiche kopfüber an Äste oder Gitter, andere breiten sich auf den Ästen aus, und wieder andere robben durch die nasse Streu, bis sie aussehen wie ein Streuselkuchen.
Nach dem Duschen wird das Gefieder sorgfältig geputzt und Feder für Feder durch den Schnabel gezogen, bis alles wieder glänzt und schimmert. Paare putzen sich dabei auch gerne gegenseitig.
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Gemeinschaftliches Putzen nach erfrischender Dusche. |
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