Bei Ernst und Martin, den beiden Wellensittichen von Jedediah sieht es ähnlich aus:
„Sie sind die einzigen, die sich gegenseitig kraulen – die Weiber werden immer links liegen gelassen und interessieren sich ihrerseits auch nicht wirklich für die Männer. Ernst ist vermutlich der ältere von beiden, er ist 5 Jahre alt und wurde von mir in der Zoohandlung gekauft, zusammen mit einem anderen Männchen. Die beiden waren bei mir miteinander verpaart (mangels Auswahl, aber sie konnten wirklich sehr gut miteinander. Als dieses Männchen starb, kamen Susi und Martin dazu. Zuerst waren die beiden noch zusammen, aber schon bald fanden sich Ernst und Martin. Auch Olga, das zweite Weibchen, konnte nichts daran ändern.“ |
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Wie diese Beispiele zeigen, könnte der „Faktor Liebe“ durchaus eine Rolle bei der Partnerwahl spielen und nicht allein der Instinkt, sich fortpflanzen zu müssen. Zwar gibt es Studien, denen zu Folge das Paarungs- und Sozialverhalten von Vögeln durch Umweltveränderungen, z.B. durch den Einsatz von Chemikalien verändert werden kann. Als Beispiel seien hier homosexuelle Anflüge bei Möwen nach dem Einsatz von DDT genannt.
Fakt ist, man kann weder sagen, ob die Vögel sich bewusst entscheiden oder ob es Zufall ist, wenn sich auch mal zwei Hennen oder zwei Hähne zusammentun. Wichtig zu wissen ist auch, dass man oftmals bei Vögeln, die schnäbeln, sich gegenseitig das Gefieder pflegen oder die sich füttern, nicht gleich von „Partnerschaft“ sprechen kann. Man sollte dieses Verhalten eher zum Sozialverhalten zählen, um den Zusammenhalt im Schwarm zu stärken. Ähnliches ist ja auch bei Säugetieren zu beobachten, besonders bei Primaten.
Zudem sind haben in großen Schwärmen viele Vögel alles andere als monogame Bindungen, was lange Zeit nicht erkannt wurde. Um auf die Wellensittiche zurückzukommen, hier beobachten einige Halter, dass ihre Tiere „mal hier und mal dort schnäbeln“. Gerade da schlägt das Zufallsprinzip zu, dass sich auch mal zwei gleichgeschlechtliche Tiere zusammentun, im Anschluss aber wieder einen gegengeschlechtlichen Partner suchen.
Man sollte zudem nicht mit genau dem gleichen Maßstab wie bei uns Menschen messen.
Inge zum Beispiel hat ein Paar Graupapageien, das auch aus zwei Hähnen besteht und glücklich ist. Sie würde heute aber trotzdem anders handeln:
Bei mir leben unter anderem 2,0 Graupapageien, knapp 4 ½ Jahre alt. Sie füttern, kraulen, spielen, machen alles gemeinsam. Kein Mensch käme auf die Idee, dass es zwei Hähne sind, sie sind ein wunderbares „Pärchen“, Hugo ist der Hahn und Lisa die (angebliche) Henne. Mal kurz für eine Stunde getrennt ist die Begrüßungszeremonie theatralisch.
Warum ich zwei Hähne habe? Weil ich damals bei der Anschaffung so vieles nicht gewusst habe und daher die beiden Geschwister genommen habe. Das Ergebnis einer späteren DNA-Analyse war dann eben: beide Tiere männlich.
Ich habe (bis jetzt, wir wissen nie, was wird) Glück gehabt, heute würde ich mit meinem zwischenzeitlich angeeigneten Wissen so nicht mehr handeln, sondern blutsfremde und gegengeschlechtliche Tiere nehmen.
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Es ist, wie man sieht, also gar nicht so leicht, pauschal von „Homo-Paaren“ bei Vögeln zu sprechen. Dennoch muss man den Tieren auch zugestehen, wofür sie sich freiwillig entscheiden. Am besten, man lässt die Tiere, wenn man die Möglichkeit hat, in einem Schwarm einfach selbst entscheiden, was für sie am besten ist. Denn in einem sind Tier und Mensch sich doch ähnlich: „Wo die Liebe hinfällt...“ |