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Wellensittich im Glück – die etwas andere Legenot


Wellensittich im Glück – die etwas andere Legenot

Legenot ist leider immer noch eine recht häufige Todesursache bei Vögeln. Dabei steckt das Ei im Körperinneren fest und kann nicht abgelegt werden. Oft genug sterben die Weibchen an Erschöpfung aufgrund des stundenlangen Pressens. Glück im Unglück hatte unsere Wellensittichdame „Schlumpfi“. Das Gewebe des Legedarmes war bei ihr stark verändert, die fertig ausgebildeten Eier klebten regelrecht an den Gewebewänden fest. Durch eine Operation konnte ihr rechtzeitig das Leben gerettet werden.

Neben einigen Katharinasittichen leben noch fünf Wellensittiche in unserer Obhut, unter anderem auch die knapp 3-jährige Wellensittichdame „Schlumpfi“. Diesen gewöhnungsbedürftigen Namen bekam sie von ihren Vorbesitzern, von denen wir den kleinen Sittich als handaufgezogenen und dann überflüssig gewordenen Jungvogel übernahmen. Schlumpfi lebte sich schnell in den Wellensittichschwarm ein, wahrte aber Abstand und ließ sich nicht von den Männern bezirzen. Das änderte sich erst mit Tux’ Einzug (ebenfalls ein Abgabewellensittich), einem wunderschönen blauen Hahn. Die beiden wurden schnell ein Paar und waren seitdem unzertrennlich. Das junge Glück hielt nicht lange, und Tux starb viel zu jung an Knochenkrebs. Seitdem ist Schlumpfi wieder alleine und wehrt alle Annäherungsversuche der beiden jetzt im Schwarm lebenden Hähne vehement ab.




Tux und Schlumpfi – immer gemeinsam unterwegs.

In der ganzen bisherigen Zeit interessierte sich keiner der Wellensittiche auch nur annähernd dafür, sich fortzupflanzen, abgesehen von einigen „Trockenübungen“. Das lag sicherlich auch daran, dass keine Nistmöglichkeiten angeboten wurden. Aber in diesem Frühjahr sollte alles anders sein.
Das erste Mal war der komplette Katharinasittichschwarm dermaßen in Brutstimmung, dass alle möglichen Winkel und Ecken als Nistmöglichkeit herhalten mussten. Auch vor extra abgedichteten Regalen und Futtervorratsbehältern machten die brutwütigen Sittiche keinen Halt. Wir entschlossen uns also der Einfachheit halber, in dem Vogelzimmer Nistkästen anzubieten. Da außer Schlumpfi auch noch zwei weitere Wellidamen im Schwarm lebten, welche äußerst rabiat und zickig waren, beobachteten wir von Anfang an das nun einsetzende Brutgeschehen, um bei aufkeimenden Aggressionen direkt eingreifen zu können. Wie zu erwarten, bezog das „Katharinasittich-Stammpaar“ sofort eine der Nistmöglichkeiten und die Henne begann mit einer Brut. Dabei wurden die Eier gegen Plastikeier ausgetauscht.
Bei den anderen Katharinasittichen war die Brutlust aber plötzlich wie weggeblasen, sie schauten sich einige der Kästen an, gingen dann aber zum Tagesgeschehen über.
Ebenso wenig interessierten sich die beiden Wellensittich“zicken“ für die Kästen, was uns ein wenig beruhigte. So konnten wir davon ausgehen, dass die brütende Katharinasittichdame nicht weiter aufgrund von Eifersüchteleien beeinträchtigt würde. Es schien also alles in bester Ordnung zu sein.
Aber wir hatten unsere Rechnung nicht mit Schlumpfi gemacht, der Einzelgängerin unter den Wellensittichen. Sie schaute sich die Kästen höchst interessiert an und besuchte außerdem mehrfach die Katharinasittichhenne auf ihrem Gelege. Diese war von dem unerwünschten Besuch nicht besonders angetan, aber Schlumpfi schaute nur, zeigte keinerlei Aggressionen, so dass sich die Lage bald wieder beruhigte.




Schlumpfi beim ausgiebigen „Bad“ in nassem Grünzeug.

Schlumpfi zog dann überraschenderweise in einen anderen Kasten ein und verteidigte den mit aller Entschiedenheit gegen andere Interessierte und Zuschauer. Sie ließ sich – entgegen bisheriger Beobachtungen – sogar von beiden Wellensittichmännern füttern und betüddeln, zum Tretakt kam es aber nicht.
Bald zeigte sich dann bei Schlumpfi eine verräterische „Beule“ an der von Federn befreiten Kloake, Zeichen für eine bevorstehende Eiablage. Da sich Schlumpfi ¬- abgesehen von ihrer chronisch „stämmigen“ Figur - in bester Gesundheit befand und wie immer herumtollte, gab es keinen Grund zur Besorgnis.
Da es jedoch ihre erste Eiablage sein sollte, beobachteten wir die Wellidame sorgfältig. Auch nach zwei Tagen trat keine Änderung der Situation ein, was uns mehr und mehr beunruhigte. Schlumpfi wurde separiert und mit Rotlicht und Feuchtigkeit behandelt. Wir hatten schon viel über Legenot gelesen, und eine unserer Katharinasittichweibchen hatte bereits nach anfänglicher Legenot ihr Ei in warmer und feuchter Umgebung ablegen können.
Allerdings war diese Legenot mit heftigem Pressen, Schwanzwippen, Appetitlosigkeit und Apathie des Vogels einhergegangen. Nichts dergleichen konnten wir jedoch bei Schlumpfi beobachten. Ganz im Gegenteil, sie saß putzmunter im Krankenkäfig und genoss offensichtlich die ihr zuteil werdende uneingeschränkte Aufmerksamkeit ihrer Menschen. Sie hatte auch keine Probleme, Kot abzusetzen, fraß und trank gut und zwitscherte fröhlich vor sich hin.
Dennoch kontaktierten wir vorsichtshalber unsere Tierärzte. Da Schlumpfis Zustand stabil und es zudem Sonntag war, vertagten wir nach kurzem Gespräch weitere Diagnosen auf Montag. Für einen eventuellen Notfall bekamen wir noch eine Telefonnummer, unter welcher auf jeden Fall einer der beiden erreichbar sein würde. Doch – wie zu erwarten – tat sich nichts, so dass Schlumpfi am Montagmorgen ihren Weg zum Tierarzt antrat. Dort wurde die Sittichdame eingehend untersucht. Da sich der ganze Vorgang nun schon einige Tage hinzog, wurde vermutet, dass sich inzwischen sogar ein zweites Ei gebildet haben könnte. Dennoch lag keines soweit am Kloakenausgang, als dass ein baldiges Legen erwartet werden konnte. Schlumpfi kam also bis auf weiteres in stationäre Behandlung und wurde mit Injektionen hochdosiertem Calciums behandelt. Auch am nächsten Tag war kein Ei in Sicht, und ein angefertigtes Röntgenbild zeigte, dass in der Tat zwei recht große Eier im Legekanal festsaßen. Eines der Eier war bereits zerbrochen, so dass die Situation nun doch kritisch wurde. Schlumpfi baute langsam aber sicher ab. Es gab also nur noch eine weitere Möglichkeit: Operation. Nach Aufklärung über eventuelle Risiken einer solchen Operation und der dazu nötigen Narkose gaben wir unser Einverständnis und wünschten Schlumpfi alles Gute.

 


Deutlich sind die kalkhaltigen Schalen beider Eier in Schlumpfis Bauchraum zu erkennen.

Nach zwei Stunden waren die Eier entfernt und Schlumpfi frisch vernäht wieder in ihrem Krankenkäfig. Laut Tierarzt soll sie direkt nach dem Erwachen aus der Narkose wie ein Scheunendrescher gefuttert haben. Dennoch war sie noch nicht über den Berg – die erste Nacht würde zeigen, ob und wie sie die Operation verkraften würde. Es war für uns eine sehr unruhige und lange Nacht.
Am nächsten Mittag kam dann die freudige Nachricht: Schlumpfi sei zwar noch ein wenig geschwächt, aber es würde ihr ganz gut gehen. Noch am gleichen Tag holten wir sie ab. Sie sah sehr verändert aus. Das lag sicherlich auch an der knapp 2 cm großen Narbe an ihrem Bauch, welche mit silbrig glänzendem Spray versiegelt worden war. Außerdem wirkte sie ein wenig desorientiert und abwesend, taumelte auf der Sitzstange und registrierte uns nicht richtig. Das seien Nachwirkungen der Narkose, wurde uns gesagt, und auf ging’s gen heimatlichem Wellensittichschwarm.
Dort angekommen, war Schlumpfi wie ausgewechselt, sie rief sofort nach ihren Kumpels, tirilierte und hampelte herum. Sie hatte sich also wohl nur einsam gefühlt. Obwohl sie am liebsten wieder zu den anderen geflogen wäre, musste sie noch im Krankenkäfig bleiben. Wir mussten die Wunde beobachten, um bei auftretender Infektion direkt eingreifen zu können. Außerdem bekam der Vogel täglich ein Antibiotikum direkt in den Schnabel.
Die ersten Tage fraß und trank Schlumpfi außergewöhnlich fiel, aber bald normalisierte sich ihr Zustand wieder. Um ihre Hormone ein wenig zu beruhigen, hatte Schlumpfi auch noch ein Testosteronpräparat bekommen, was dafür sorgte, dass sich ihre Wachshaut ein wenig bläulich färbte. Aber auch das legte sich bald. Eine Woche nach der Operation ging es zur tierärztlichen Kontrolle. Die Wunde war gut verheilt, einige Fäden hatten sich bereits aufgelöst, die letzten würden in den nächsten Tagen folgen.
In der Zwischenzeit hatten wir alle Nistgelegenheiten bis auf die von der Katharinasittichhenne belegten aus dem Vogelzimmer entfernt, um nicht erneut den Bruttrieb anzuregen.
Heute – knapp 10 Wochen nach diesem Spektakel – ist Schlumpfi nichts mehr anzumerken. Sie verhält sich wie eh und je, zickt die Männchen an und macht uns schöne Augen. Sie ist wieder ganz die Alte.

Bei der Operation wurde übrigens der Grund für diese Legenot erkannt: Das Gewebe des Legedarmes war stark verändert, die fertig ausgebildeten Eier klebten regelrecht an den Gewebewänden fest. Dies kommt wohl hin und wieder bei Papageien vor. Nur durch eine Operation kann das Leben einer solchen Henne gerettet werden. Von erneuten Brutversuchen sollte die Henne auf jeden Fall abgehalten werden, da sie wohl niemals ein Ei auf natürlichem Wege ablegen kann.

Zum Schluss sei gesagt: Schlumpfi und wir haben verdammt viel Glück gehabt. Nicht alle Vorfälle im Zusammenhang mit Legenot gehen so gut aus. Sobald also der Verdacht besteht, dass ein Papageienweibchen – ob groß oder klein – unter Legenot leidet oder sogar bereits stark apathisches Verhalten zeigt, auf dem Käfigboden hockt, presst und mit dem Schwanz wippt, MUSS ein vogelkundiger Tierarzt aufgesucht werden. Von Eigenexperimenten ist im akuten Fall DRINGEND abzuraten, zu hoch ist die Gefahr, dass man dem Vogel mehr Leid zufügt als Hilfe bringt.

 

 


 


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