Wie
bereits in der letzten Ausgabe des „Pirol“ angekündigt,
möchte ich diesmal näher auf die Bestimmung der Geschlechter
beim Katharinasittich eingehen. Dass dies keine einfache Angelegenheit
ist, beweisen die vielen „sicheren Paare“ in privaten
Haushalten, die sich oftmals als gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften
herausstellen. Schon oft ist es vorgekommen, dass angeblich 100%ige
Hähne irgendwann glücklich brütend auf ihren frisch
gelegten Eiern saßen. Oder dass ein Züchter vergeblich
auf ein befruchtetes Gelege wartete, aber immer nur unbefruchtete
Eier vorfand, bis die beiden Hennen dann jeweils einen männlichen
Partner bekamen.
Bei allen Unterschieden
im Gefieder oder Verhalten bleibt immer eine Unsicherheit. Die hier
aufgeführten Tipps sollen daher auch nur als Leitfaden dienen:
• Das wohl markanteste
und auch bekannteste Gefiedermerkmal stellen die beiden mittleren
Steuerfedern (Schwanzfedern) der Tiere dar. Bei den Männchen
kann der Schwarzanteil mehr als die Hälfte der Federfahne betragen,
wohingegen bei den Weibchen meist kein oder nur ein geringerer Schwarzanteil
festgestellt werden kann.
Diese vier Vertreter der männlichen Katharinasittiche weisen
alle mehr oder weniger intensive Schwarzfärbung der beiden
mittleren Schwanzfedern auf.
Drei Hennen. Bei der dunkelgrünen Henne (Bild 3) fehlt jegliches
Schwarz an den Schwanzfedern, die türkisfarbene Henne weist
schwarze Schwanzspitzen auf und die grüne Henne (Bild 1 und
2) würde ohne weiteres auch als Hahn durchgehen.
• Auch der Rest
der Gefiederzeichnung kann beim Weibchen insgesamt schwächer
und diffuser ausgebildet sein, insbesondere am Rücken, an der
Schwanzunterseite und den Flügeln (Schulterfleck, Handschwingen).
• Bei ausgewachsenen Weibchen ist manchmal ein Blauschimmer
am Kopf zu beobachten. Dieser zieht sich von der Stirn über
die Wangen bis zur Kehle. Er ist in manchen Fällen ausgeprägter
oder auch kaum zu erahnen. Männchen zeigen dieses Merkmal kaum,
ihre Kopfpartie ist eher gelblich.
Grüne und türkisfarbenes Weibchen mit bläulichem
Kopfgefieder. Auf dem unteren Bild wird die Henne von einem Hahn
gekrault.
Ein grünes Männchen mit hohem Gelbanteil im Gefieder (oben)
und ein eher bläulicher Hahn (unten) neben einer Henne mit
bläulichem Kopfgefieder.
• Der Körperbau
ist bei Weibchen und Männchen ähnlich. Es gibt kleine
Katharinasittichhähne und große Hennen, mit rundem oder
länglichem Kopf, schlank oder eher mollig. Ein möglicher
Unterschied bei adulten Tieren sind die Ausprägung und Stellung
der Beckenknochen. Das Abtasten erfordert allerdings Erfahrung und
Fingerspitzengefühl.
• Das Verhalten: In einer Gruppe aufgewachsene und sozialisierte
Katharinasittiche zeigen nach Erreichen der Geschlechtsreife geschlechtsspezifische
Merkmale. Männchen sind gemeinhin aggressiver und "palavern"
mehr. Weibchen hingegen halten sich meistens aus Auseinandersetzungen
raus. Bei einem Paar lassen sich weitere soziale Kontakte beobachten:
Kopf-zu-Steiß-Kraulen der Partner, Fütterungen des Weibchens
durch das Männchen, Paarungen, geschlechtsspezifische Lautäußerungen,
... . Das schwierige ist jedoch, dass solche Beobachtungen manchmal
auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren gemacht werden, insbesondere
wenn die Tiere schon lange zusammenleben und keine weiteren Katharinasittiche
"zur Auswahl stehen/standen". Dann ist es oft so, dass
eines der Tiere die Rolle des gegengeschlechtlichen Partners übernimmt,
um so ein harmonisches Zusammenleben zu ermöglichen.
Hierzu sei gesagt: Keine
Regel ohne Ausnahme! All dies sind lediglich Ansätze. Nur die
Kombination aller Merkmale erlaubt es, eine vorsichtige Hypothese
bezüglich des Geschlechts eines Katharinasittichs aufzustellen.
Ob und wie die Charakteristika greifen, sollte bei jedem Katharinasittich
individuell entschieden werden.
Bei Jungtieren, welche
die Jugendmauser noch nicht durchlaufen haben, kann man eigentlich
getrost alle oben aufgestellten „Regeln“ und Tipps über
den Haufen werfen. Sowohl männliche als auch weibliche Jungtiere
zeigen oftmals sehr intensiven blauen Schimmer am Kopf und an den
Handschwingen. Das Gefieder der männlichen Katharinasittiche
dunkelt nach bzw. dunkelt mit der Jugendmauser nach, insbesondere
auch die beiden mittleren Schwanzfedern, so dass so mancher Junghahn
bereits als Weibchen verkauft wurde. Auch vom Verhalten her lassen
sich junge Katharinasittiche nicht unterscheiden. Sie zeigen sowohl
männliches als auch weibliches Verhalten und probieren alles
aus, inklusive Beinauflegen und Bettelstellung.
Diese beiden Katharinasittiche
sind zwei Hähne in türkis und olivgrün. Die Schwanzfedern
des türkisfarbenen Jungvogels sind verwaschen schwarz, der
Kopf des olivgrünen weist einen intensiven Blauschimmer auf.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor
sind die inzwischen häufigen Farbmutationen beim Katharinasittich.
Offensichtlich ist dieses bei den melanin-defizienten Mutanten,
also den Inos. Dadurch, dass die schwarze Gefiederzeichnung fehlt,
kann man sie auch nicht mithilfe der Schwanzfedern auseinander halten.
Männchen oder Weibchen? Das Geschlecht von Creminos (wie diesem
Vogel) und Lutinos lässt sich nur anhand des Verhaltens oder
der Vererbung bestimmen. .
Ein Blauschimmer am
Kopf ist ebenfalls nicht festzustellen. Letzteres ist ebenso kritisch
bei Katharinasittichen mit Dunkelfaktoren. So haben dunkelgrüne
Katharinasittiche insgesamt einen Blaustich, welcher dem Betrachter
gerne vorgaukelt, er hätte ein Weibchen vor sich sitzen. Bei
dem olivgrünen Vogel hingegen fehlt jegliches Blau im Gefieder.
Fehlt der gelbe Gefiederfarbstoff Psittacin, steht man vor einem
ähnlichen Problem. Das geübte Auge kann jedoch die normale
Gefiederfarbe eines türkisfarbenen oder kobaltfarbenen von
einem Blauschimmer am Kopf unterscheiden.
Bei dem mauvefarbenen Katharinasittich fallen sowieso starke Schwankungen
des Blauanteils im Gefieder auf, so dass man bei diesen Tieren unbedingt
mehrere Merkmale zur Bestimmung des Geschlechts heranziehen muss.
Daher gibt es meiner Meinung nach bei der Geschlechtsbestimmung
der Katharinasittiche aufgrund von äußerlichen Merkmalen
kein „100%ig“, so lange nicht die Henne Eier gelegt
und der Hahn diese befruchtet hat.
Die momentan wohl sicherste Methode ist die DNA-Analyse. Hierbei
wird aus einem Federkiel (oder aus dem Blut) intakte DNA extrahiert,
bestimmte DNA-Bereiche amplifiziert (mittels PCR oder Polymerase-Kettenreaktion
"vermehrt") und anschließend mit bekannten Proben
verglichen. Dabei zeigen Männchen und Weibchen unterschiedliche
DNA-Muster. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier eine geringe Fehlerquote,
wenngleich sie in Anbetracht der oben beschriebenen Methoden verschwindend
gering ist.
Drei Damen in gelb, cremefarben und türkis.
Wenn man – wie
es sowieso am schönsten ist – Katharinasittiche im Schwarm
hält, kristallisieren sich bei sozialisierten adulten Tieren
zügig die geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen heraus.
Da erübrigt sich durch sorgfältiges Beobachten so manche
Spekulation, ob man ein Männchen oder ein Weibchen vor sich
sitzen hat.
In meinem Schwarm habe ich praktischerweise sogar ein „Genderometer“
(Gender = Geschlecht; meter = Messgerät) sitzen, in Form meines
Katharinasittichhahnes Bo (daher auch „Bo-rometer“ genannt).
Wenn ein neues Tier in den Schwarm kommt, ist Bo der erste, der
zur Inspektion des Neuzuganges antritt. Dabei zeigt er bei einem
adulten Männchen andere Verhaltensweisen als bei einem Weibchen.
Letztere werden sofort bezirzt und betüddelt, den Herren wird
erstmal gezeigt, wer hier das Sagen hat. Auf sein Urteilsvermögen
kann ich mich interessanterweise 100%ig verlassen. Selbst bei Hähnen,
welche als Weibchen abgegeben wurden, hat er sich nicht geirrt.
Zwei solcher „Hennen“ habe ich in meinem Schwarm. Die
eine wurde als Henne mit einem männlichen Katharinasittich
zusammen verkauft (beides Handaufzuchten). Nach Erreichen der Geschlechtsreife
kam es zu massiven Auseinandersetzungen der beiden Hähne, so
dass diese getrennt wurden. Nach einer weiteren Odyssee kam Gizmo
dann hier her. Er war und ist ausnahmslos an männlichen Katharinasittichen
interessiert und inzwischen glücklich mit einem Hahn verpaart.
Trotz seines per Chromosom festgelegten Geschlechts ist dieser Hahn
also aufgrund der vorangegangenen Ereignisse auf die Rolle einer
Henne geprägt und erfüllt diese auch ausreichend. Ein
paar „Relikte“ männchentypischer Verhaltensweisen
zeigt er dennoch.
Wenngleich Gizmo inzwischen relativ dunkle Schwanzfedern aufweist,
ist sein restliches Gefieder hennentypisch hell, ihm fehlen die
intensiven Gefiederabzeichen am Rücken und Unterschwanz.
Aber auch anders herum
ist es möglich, so geschehen mit Paula (ehemals Paul). Paula
lebte mit ihrer Partnerin mehrere Jahre als scheinbar sicheres Paar
in Privathaltung. Als die Henne dann starb, sollte Paul vermittelt
werden und kam bis auf weiteres zu mir. Das „Bo-rometer“
bestätigte direkt meine aufgrund des Gefieders getroffene Vermutung,
und um auch den letzten Zweifler zu überzeugen, legte Paula
bereits in der ersten Nacht nach Einzug ein Ei. Paula baggerte in
der ersten Zeit alle Vögel an, egal ob männlich oder weiblich,
ob Katharina- oder Wellensittich.
Im Gegensatz zu Gizmo hat Paula sich inzwischen jedoch vollständig
auf ihr eigentliches Geschlecht „besonnen“ und ist ein
echtes Mädel, mit allem Drum und Dran.
Wie die beiden vorangegangnen
Beispiele zeigen, ist die Haltung gleichgeschlechtlicher Paare bei
Katharinasittichen keine Seltenheit. In einigen Fällen klappt
eine solche „Zwangsvergesellschaftung“, in anderen hingegen
nicht. Besonders bei der Haltung zweier Männchen kann es bei
Erreichen der Geschlechtsreife zu Auseinandersetzungen kommen, bei
denen meist eines der Tiere den Kürzeren zieht. Oftmals weisen
diese unterlegenen Tiere Gefiederschäden durch Rupfen, übertriebenes
Putzverhalten oder Beißereien auf. Auch der Stress einer solchen
Haltung geht nicht spurlos an ihnen vorbei – die Folge sind
Nervosität, Schreien, Anfälligkeit gegen Krankheiten und
ein schlechter Gefiederzustand. Soweit muss es natürlich nicht
kommen, wenn man das Problem früh genug erkennt. Es gibt jedoch
auch einige Beispiele, wo zwei Männchen friedlich zusammen
leben, sich kraulen, füttern und miteinander kuscheln.
Zusammenfassend lässt
sich wohl sagen, dass ein harmonisches Paar ein solches ist, welches
sich selbst finden konnte. Dies ist nicht immer möglich, selbst
bei einer Schwarmhaltung ist die Zahl der potentiellen Partner begrenzt.
Entscheidet man sich jedoch für die Haltung eines Katharinasittichpaares,
so sollte der zukünftige Halter große Sorgfalt in der
Auswahl dieses Paares walten lassen. Sicherlich ist der Wunsch nach
einem jungen Pärchen aufgrund der damit verbundenen Attribute
und Vorstellungen oftmals groß, dennoch ist gerade die Bestimmung
des Geschlechts bei Jungtieren nicht immer einfach. Wer auf der
sicheren Seite stehen möchte, sollte daher ruhig nach einer
DNA-Analyse fragen oder gezielt nach offensichtlichen Paaren (z.B.
in einer Voliere vorher ausgiebig beobachten) Ausschau halten.
Ihre Tiere werden es Ihnen danken!
(Bilder: Sigrid März)
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