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Männchen oder Weibchen? Über die Tücken der Geschlechtsbestimmung beim Katharinasittich
Von Sigrid März

Wie bereits in der letzten Ausgabe des „Pirol“ angekündigt, möchte ich diesmal näher auf die Bestimmung der Geschlechter beim Katharinasittich eingehen. Dass dies keine einfache Angelegenheit ist, beweisen die vielen „sicheren Paare“ in privaten Haushalten, die sich oftmals als gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften herausstellen. Schon oft ist es vorgekommen, dass angeblich 100%ige Hähne irgendwann glücklich brütend auf ihren frisch gelegten Eiern saßen. Oder dass ein Züchter vergeblich auf ein befruchtetes Gelege wartete, aber immer nur unbefruchtete Eier vorfand, bis die beiden Hennen dann jeweils einen männlichen Partner bekamen.

Bei allen Unterschieden im Gefieder oder Verhalten bleibt immer eine Unsicherheit. Die hier aufgeführten Tipps sollen daher auch nur als Leitfaden dienen:

• Das wohl markanteste und auch bekannteste Gefiedermerkmal stellen die beiden mittleren Steuerfedern (Schwanzfedern) der Tiere dar. Bei den Männchen kann der Schwarzanteil mehr als die Hälfte der Federfahne betragen, wohingegen bei den Weibchen meist kein oder nur ein geringerer Schwarzanteil festgestellt werden kann.







Diese vier Vertreter der männlichen Katharinasittiche weisen alle mehr oder weniger intensive Schwarzfärbung der beiden mittleren Schwanzfedern auf.









Drei Hennen. Bei der dunkelgrünen Henne (Bild 3) fehlt jegliches Schwarz an den Schwanzfedern, die türkisfarbene Henne weist schwarze Schwanzspitzen auf und die grüne Henne (Bild 1 und 2) würde ohne weiteres auch als Hahn durchgehen.

• Auch der Rest der Gefiederzeichnung kann beim Weibchen insgesamt schwächer und diffuser ausgebildet sein, insbesondere am Rücken, an der Schwanzunterseite und den Flügeln (Schulterfleck, Handschwingen).
• Bei ausgewachsenen Weibchen ist manchmal ein Blauschimmer am Kopf zu beobachten. Dieser zieht sich von der Stirn über die Wangen bis zur Kehle. Er ist in manchen Fällen ausgeprägter oder auch kaum zu erahnen. Männchen zeigen dieses Merkmal kaum, ihre Kopfpartie ist eher gelblich.







Grüne und türkisfarbenes Weibchen mit bläulichem Kopfgefieder. Auf dem unteren Bild wird die Henne von einem Hahn gekrault.





Ein grünes Männchen mit hohem Gelbanteil im Gefieder (oben) und ein eher bläulicher Hahn (unten) neben einer Henne mit bläulichem Kopfgefieder.

• Der Körperbau ist bei Weibchen und Männchen ähnlich. Es gibt kleine Katharinasittichhähne und große Hennen, mit rundem oder länglichem Kopf, schlank oder eher mollig. Ein möglicher Unterschied bei adulten Tieren sind die Ausprägung und Stellung der Beckenknochen. Das Abtasten erfordert allerdings Erfahrung und Fingerspitzengefühl.
• Das Verhalten: In einer Gruppe aufgewachsene und sozialisierte Katharinasittiche zeigen nach Erreichen der Geschlechtsreife geschlechtsspezifische Merkmale. Männchen sind gemeinhin aggressiver und "palavern" mehr. Weibchen hingegen halten sich meistens aus Auseinandersetzungen raus. Bei einem Paar lassen sich weitere soziale Kontakte beobachten: Kopf-zu-Steiß-Kraulen der Partner, Fütterungen des Weibchens durch das Männchen, Paarungen, geschlechtsspezifische Lautäußerungen, ... . Das schwierige ist jedoch, dass solche Beobachtungen manchmal auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren gemacht werden, insbesondere wenn die Tiere schon lange zusammenleben und keine weiteren Katharinasittiche "zur Auswahl stehen/standen". Dann ist es oft so, dass eines der Tiere die Rolle des gegengeschlechtlichen Partners übernimmt, um so ein harmonisches Zusammenleben zu ermöglichen.

Hierzu sei gesagt: Keine Regel ohne Ausnahme! All dies sind lediglich Ansätze. Nur die Kombination aller Merkmale erlaubt es, eine vorsichtige Hypothese bezüglich des Geschlechts eines Katharinasittichs aufzustellen. Ob und wie die Charakteristika greifen, sollte bei jedem Katharinasittich individuell entschieden werden.

Bei Jungtieren, welche die Jugendmauser noch nicht durchlaufen haben, kann man eigentlich getrost alle oben aufgestellten „Regeln“ und Tipps über den Haufen werfen. Sowohl männliche als auch weibliche Jungtiere zeigen oftmals sehr intensiven blauen Schimmer am Kopf und an den Handschwingen. Das Gefieder der männlichen Katharinasittiche dunkelt nach bzw. dunkelt mit der Jugendmauser nach, insbesondere auch die beiden mittleren Schwanzfedern, so dass so mancher Junghahn bereits als Weibchen verkauft wurde. Auch vom Verhalten her lassen sich junge Katharinasittiche nicht unterscheiden. Sie zeigen sowohl männliches als auch weibliches Verhalten und probieren alles aus, inklusive Beinauflegen und Bettelstellung.





 

Diese beiden Katharinasittiche sind zwei Hähne in türkis und olivgrün. Die Schwanzfedern des türkisfarbenen Jungvogels sind verwaschen schwarz, der Kopf des olivgrünen weist einen intensiven Blauschimmer auf.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die inzwischen häufigen Farbmutationen beim Katharinasittich. Offensichtlich ist dieses bei den melanin-defizienten Mutanten, also den Inos. Dadurch, dass die schwarze Gefiederzeichnung fehlt, kann man sie auch nicht mithilfe der Schwanzfedern auseinander halten.




Männchen oder Weibchen? Das Geschlecht von Creminos (wie diesem Vogel) und Lutinos lässt sich nur anhand des Verhaltens oder der Vererbung bestimmen. .

Ein Blauschimmer am Kopf ist ebenfalls nicht festzustellen. Letzteres ist ebenso kritisch bei Katharinasittichen mit Dunkelfaktoren. So haben dunkelgrüne Katharinasittiche insgesamt einen Blaustich, welcher dem Betrachter gerne vorgaukelt, er hätte ein Weibchen vor sich sitzen. Bei dem olivgrünen Vogel hingegen fehlt jegliches Blau im Gefieder. Fehlt der gelbe Gefiederfarbstoff Psittacin, steht man vor einem ähnlichen Problem. Das geübte Auge kann jedoch die normale Gefiederfarbe eines türkisfarbenen oder kobaltfarbenen von einem Blauschimmer am Kopf unterscheiden.
Bei dem mauvefarbenen Katharinasittich fallen sowieso starke Schwankungen des Blauanteils im Gefieder auf, so dass man bei diesen Tieren unbedingt mehrere Merkmale zur Bestimmung des Geschlechts heranziehen muss.
Daher gibt es meiner Meinung nach bei der Geschlechtsbestimmung der Katharinasittiche aufgrund von äußerlichen Merkmalen kein „100%ig“, so lange nicht die Henne Eier gelegt und der Hahn diese befruchtet hat.
Die momentan wohl sicherste Methode ist die DNA-Analyse. Hierbei wird aus einem Federkiel (oder aus dem Blut) intakte DNA extrahiert, bestimmte DNA-Bereiche amplifiziert (mittels PCR oder Polymerase-Kettenreaktion "vermehrt") und anschließend mit bekannten Proben verglichen. Dabei zeigen Männchen und Weibchen unterschiedliche DNA-Muster. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier eine geringe Fehlerquote, wenngleich sie in Anbetracht der oben beschriebenen Methoden verschwindend gering ist.




Drei Damen in gelb, cremefarben und türkis.

Wenn man – wie es sowieso am schönsten ist – Katharinasittiche im Schwarm hält, kristallisieren sich bei sozialisierten adulten Tieren zügig die geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen heraus. Da erübrigt sich durch sorgfältiges Beobachten so manche Spekulation, ob man ein Männchen oder ein Weibchen vor sich sitzen hat.
In meinem Schwarm habe ich praktischerweise sogar ein „Genderometer“ (Gender = Geschlecht; meter = Messgerät) sitzen, in Form meines Katharinasittichhahnes Bo (daher auch „Bo-rometer“ genannt). Wenn ein neues Tier in den Schwarm kommt, ist Bo der erste, der zur Inspektion des Neuzuganges antritt. Dabei zeigt er bei einem adulten Männchen andere Verhaltensweisen als bei einem Weibchen. Letztere werden sofort bezirzt und betüddelt, den Herren wird erstmal gezeigt, wer hier das Sagen hat. Auf sein Urteilsvermögen kann ich mich interessanterweise 100%ig verlassen. Selbst bei Hähnen, welche als Weibchen abgegeben wurden, hat er sich nicht geirrt.
Zwei solcher „Hennen“ habe ich in meinem Schwarm. Die eine wurde als Henne mit einem männlichen Katharinasittich zusammen verkauft (beides Handaufzuchten). Nach Erreichen der Geschlechtsreife kam es zu massiven Auseinandersetzungen der beiden Hähne, so dass diese getrennt wurden. Nach einer weiteren Odyssee kam Gizmo dann hier her. Er war und ist ausnahmslos an männlichen Katharinasittichen interessiert und inzwischen glücklich mit einem Hahn verpaart. Trotz seines per Chromosom festgelegten Geschlechts ist dieser Hahn also aufgrund der vorangegangenen Ereignisse auf die Rolle einer Henne geprägt und erfüllt diese auch ausreichend. Ein paar „Relikte“ männchentypischer Verhaltensweisen zeigt er dennoch.




Wenngleich Gizmo inzwischen relativ dunkle Schwanzfedern aufweist, ist sein restliches Gefieder hennentypisch hell, ihm fehlen die intensiven Gefiederabzeichen am Rücken und Unterschwanz.

Aber auch anders herum ist es möglich, so geschehen mit Paula (ehemals Paul). Paula lebte mit ihrer Partnerin mehrere Jahre als scheinbar sicheres Paar in Privathaltung. Als die Henne dann starb, sollte Paul vermittelt werden und kam bis auf weiteres zu mir. Das „Bo-rometer“ bestätigte direkt meine aufgrund des Gefieders getroffene Vermutung, und um auch den letzten Zweifler zu überzeugen, legte Paula bereits in der ersten Nacht nach Einzug ein Ei. Paula baggerte in der ersten Zeit alle Vögel an, egal ob männlich oder weiblich, ob Katharina- oder Wellensittich.
Im Gegensatz zu Gizmo hat Paula sich inzwischen jedoch vollständig auf ihr eigentliches Geschlecht „besonnen“ und ist ein echtes Mädel, mit allem Drum und Dran.

Wie die beiden vorangegangnen Beispiele zeigen, ist die Haltung gleichgeschlechtlicher Paare bei Katharinasittichen keine Seltenheit. In einigen Fällen klappt eine solche „Zwangsvergesellschaftung“, in anderen hingegen nicht. Besonders bei der Haltung zweier Männchen kann es bei Erreichen der Geschlechtsreife zu Auseinandersetzungen kommen, bei denen meist eines der Tiere den Kürzeren zieht. Oftmals weisen diese unterlegenen Tiere Gefiederschäden durch Rupfen, übertriebenes Putzverhalten oder Beißereien auf. Auch der Stress einer solchen Haltung geht nicht spurlos an ihnen vorbei – die Folge sind Nervosität, Schreien, Anfälligkeit gegen Krankheiten und ein schlechter Gefiederzustand. Soweit muss es natürlich nicht kommen, wenn man das Problem früh genug erkennt. Es gibt jedoch auch einige Beispiele, wo zwei Männchen friedlich zusammen leben, sich kraulen, füttern und miteinander kuscheln.

Zusammenfassend lässt sich wohl sagen, dass ein harmonisches Paar ein solches ist, welches sich selbst finden konnte. Dies ist nicht immer möglich, selbst bei einer Schwarmhaltung ist die Zahl der potentiellen Partner begrenzt. Entscheidet man sich jedoch für die Haltung eines Katharinasittichpaares, so sollte der zukünftige Halter große Sorgfalt in der Auswahl dieses Paares walten lassen. Sicherlich ist der Wunsch nach einem jungen Pärchen aufgrund der damit verbundenen Attribute und Vorstellungen oftmals groß, dennoch ist gerade die Bestimmung des Geschlechts bei Jungtieren nicht immer einfach. Wer auf der sicheren Seite stehen möchte, sollte daher ruhig nach einer DNA-Analyse fragen oder gezielt nach offensichtlichen Paaren (z.B. in einer Voliere vorher ausgiebig beobachten) Ausschau halten.
Ihre Tiere werden es Ihnen danken!

(Bilder: Sigrid März)

 


 


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